Der Europäische Gesundheitsdatenraum: Ein Meilenstein für den Zugang zu Gesundheitsdaten

In einer wegweisenden Entscheidung haben die Botschafter der EU-Mitgliedstaaten dem Rat ein Mandat für ein neues Gesetz erteilt, das den Austausch und den Zugang zu Gesundheitsdaten auf EU-Ebene erleichtern wird.

Die vorgeschlagene Verordnung für einen Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) zielt darauf ab, den Zugang und die Kontrolle der Einzelpersonen über ihre persönlichen elektronischen Gesundheitsdaten zu verbessern und gleichzeitig die Wiederverwendung bestimmter Daten für Forschungs- und Innovationszwecke zu ermöglichen. Sie sieht eine gesundheitsspezifische Datenumgebung vor, die dazu beitragen wird, einen einheitlichen Markt für digitale Gesundheitsdienste und -produkte zu fördern.

Derzeit variiert der grenzüberschreitende Zugang zu Gesundheitsdaten in der EU. Die neuen Regeln sollen es einem spanischen Touristen ermöglichen, ein Rezept in einer deutschen Apotheke abzuholen, oder Ärzten den Zugriff auf die Gesundheitsinformationen eines belgischen Patienten, der in Italien behandelt wird.

Vorteile für Einzelpersonen

Gemäß den neuen Regeln werden Einzelpersonen schnelleren und einfacheren Zugang zu elektronischen Gesundheitsdaten haben, unabhängig davon, ob sie sich in ihrem Heimatland oder in einem anderen Mitgliedstaat befinden. Dies wird den EU-Bürgern zugutekommen, indem es fundiertere Entscheidungen und eine sicherere grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung ermöglicht. Sie werden auch eine größere Kontrolle darüber haben, wie diese Daten verwendet werden. Die bereits vorhandene Infrastruktur zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Austauschs elektronischer Gesundheitsdaten, MyHealth@EU, wird erweitert. Die EU-Länder werden auch verpflichtet sein, eine digitale Gesundheitsbehörde einzurichten, um die neuen Bestimmungen umzusetzen.

Potenzial für die Forschung

Der EHDS wird auch Forschern und politischen Entscheidungsträgern den Zugang zu bestimmten Arten von anonymisierten, sicheren Gesundheitsdaten ermöglichen. Dies wird es ihnen ermöglichen, das immense Potenzial der Gesundheitsdaten der EU für wissenschaftliche Forschung, die Entwicklung von besseren Behandlungen und die Verbesserung der Patientenversorgung zu nutzen. Es wird eine neue Plattform namens HealthData@EU eingerichtet, um den grenzüberschreitenden Zugang zu Gesundheitsdaten zu unterstützen. Auf nationaler Ebene werden Gesundheitsdatenzugangsgremien (HDABs) Anträge auf Zugang zu Daten prüfen und Datenlizenzen ausstellen.

Interoperabilität sicherstellen

Derzeit variiert der Grad der Digitalisierung von Gesundheitsdaten in der EU von einem Mitgliedstaat zum anderen, was den Datenaustausch über Ländergrenzen hinweg erschwert. Die vorgeschlagene Verordnung verlangt, dass alle elektronischen Gesundheitsakten (EHR) den Spezifikationen des europäischen Austauschformats für elektronische Gesundheitsakten entsprechen, um sicherzustellen, dass sie auf EU-Ebene interoperabel sind.

Position des Rates

Das heute vereinbarte Mandat entwickelt den Vorschlag der Kommission in mehreren wichtigen Bereichen weiter:

  • Größere Klarheit: Das Mandat des Rates schafft Klarheit in Bezug auf Fragen wie den Anwendungsbereich der Verordnung, die Ausrichtung mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und die Kriterien für den Zugang zu elektronischen Gesundheitsdaten.
  • Steuerungsgruppen: In seinem Mandat schlägt der Rat die Einrichtung von zwei Steuerungsgruppen vor, bestehend aus Vertretern der Mitgliedstaaten, um MyHealth@EU und HealthData@EU zu verwalten; andere Interessengruppen können als Beobachter eingeladen werden, um relevante Themen zu diskutieren.
  • Governance: Das Mandat erweitert die Rolle der EU-Mitgliedstaaten im vorgeschlagenen EHDS-Gremium und verlangt von den nationalen digitalen Gesundheitsbehörden, alle zwei Jahre einen Tätigkeitsbericht zu veröffentlichen.
  • EHRs: Gemäß dem Mandat des Rates kann das europäische Austauschformat für elektronische Gesundheitsakten separate nationale und grenzüberschreitende Profile haben.
  • Opt-out: Die Mitgliedstaaten haben die Möglichkeit, Patienten die Möglichkeit zu geben, sich aus dem neuen Datenaustauschsystem auszuschließen.

Das Mandat verschiebt außerdem den Zeitpunkt der Anwendung der Verordnung auf zwei Jahre nach ihrem Inkrafttreten.

Nächste Schritte

Die EU-Ratspräsidentschaft hat nun das Mandat, so bald wie möglich Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament aufzunehmen, um eine vorläufige Einigung über die vorgeschlagene Verordnung zu erzielen. Das Parlament wird voraussichtlich seine Position am 13. Dezember 2023 abschließend festlegen.

Hintergrund

Am 3. Mai 2022 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung zur Schaffung eines Europäischen Gesundheitsdatenraums (EHDS). Der Vorschlag ist der erste von neun europäischen sektor- und domänenspezifischen Datenspeichern, die von der Kommission in ihrer Mitteilung von 2020, “Eine europäische Strategie für Daten”, vorgestellt wurden.

Das Ziel des EHDS besteht darin, den Zugang und den Austausch von Gesundheitsdaten über Grenzen hinweg zu erleichtern, sowohl zur Unterstützung der Gesundheitsversorgung (primäre Datennutzung) als auch zur Unterstützung von Gesundheitsforschung und -politik (Wiederverwendung von Daten, auch als sekundäre Datennutzung bezeichnet). Es gilt als eine wichtige Säule der Europäischen Gesundheitsunion.